Wenn man an Wikinger denkt, erscheinen vor dem inneren Auge meist Schwerter, Schiffe und Schilde – doch kaum jemand bedenkt, wie wichtig Essen, Trinken und Geselligkeit für die nordische Kultur waren.
Gemeinsame Mahlzeiten und Feste galten als heilige Akte, bei denen Ehre, Freundschaft und das Band zur göttlichen Welt gestärkt wurden.
Heute lebt diese uralte Festkultur in Met, Trinkhörnern und traditionellen Gerichten fort – als Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
1 | Nahrung als Spiegel der nordischen Natur
Die Wikinger waren Bauern, Fischer und Jäger – ihr Speiseplan war ein Spiegel der Jahreszeiten.
Getreide wie Gerste, Hafer und Roggen bildeten die Grundlage vieler Gerichte, während getrockneter Fisch, geräuchertes Fleisch und Milchprodukte für Eiweiß sorgten.
In den kälteren Monaten setzten sie auf Konservierung durch Salz, Rauch und Trocknung – ein Beweis für ihre pragmatische Anpassung an das raue Klima.
Auch Honig war ein zentraler Bestandteil ihrer Ernährung – nicht nur als Süßungsmittel, sondern als Grundlage für das Getränk, das ihre Kultur prägte: Met.
2 | Met – Das goldene Getränk der Götter
Met (altnordisch mjǫðr) galt als das Getränk der Inspiration und der Götter.
In der nordischen Mythologie war es Odin selbst, der den „Met der Dichtung“ stahl – ein Symbol göttlicher Weisheit und schöpferischer Kraft.
Herstellung:
Met entstand durch die Gärung von Honig, Wasser und Hefe. Kräuter, Beeren oder Gewürze wurden hinzugefügt, um Aroma und Stärke zu variieren.
Das Getränk war sowohl Alltagsgetränk als auch Opfergabe – getrunken aus Trinkhörnern oder hölzernen Bechern, bei Festen, Schwüren und Ritualen.
Der Trunk galt als verbindendes Element zwischen den Menschen und den Göttern – wer ein Horn erhob, ehrte nicht nur seine Freunde, sondern auch Asgard selbst.
3 | Feste, Gelage und Rituale
Ein Wikingerfest war weit mehr als bloßes Feiern. Es war ein Akt der Gemeinschaft, ein Ausdruck von Ehre und Wohlstand.
Große Festtafeln wurden mit Fleisch, Brot, Eintöpfen und reichlich Met gedeckt.
Hauptgerichte bestanden oft aus Wildschwein, Hammel, Lachs oder Geflügel, begleitet von Rüben, Kohl, Bohnen und anderen Feldfrüchten.
Das gemeinsame Essen diente dazu, Bündnisse zu besiegeln, Siege zu feiern oder Toten zu ehren.
Ein beliebtes Ritual war das Trinkspruch-Gelage (sumbl), bei dem jeder Gast auf die Götter, seine Ahnen oder Kameraden anstieß – eine Form von ritueller Kommunikation.
4 | Geschirr & Trinkgefäße – Vom Horn zur Tafel
Das typische Bild des Wikinger-Trinkhorns ist keineswegs ein Mythos.
Archäologische Funde zeigen, dass Trinkhörner fester Bestandteil des Alltags waren – besonders bei festlichen Anlässen.
Die Hörner wurden meist aus Rinderhorn gefertigt, poliert, verziert und teilweise mit Metallringen oder Gravuren versehen.
Neben Hörnern nutzten die Wikinger auch Holzbecher, Keramikschalen und Bronzegefäße.
Edel verzierte Hörner dienten als Statussymbole – je aufwendiger gearbeitet, desto höher der gesellschaftliche Rang des Besitzers.
Diese Tradition lebt heute fort – besonders bei historischen Festen oder Hochzeiten, wo echte Trinkhörner wieder zum Einsatz kommen.
5 | Die Bedeutung des Teilens
In der Wikingerzeit war das Teilen von Speisen und Getränken ein heiliger Akt.
Ein Horn wurde im Kreis gereicht, um Vertrauen und Gemeinschaft zu symbolisieren.
Das Brechen von Brot und das gemeinsame Trinken aus einem Horn galten als Zeichen der Loyalität – wer sich an der Tafel versammelte, war Teil des „Sippenbandes“.
Diese Form der Gemeinschaft ist auch heute noch spürbar – etwa bei nordischen Hochzeiten, Ragnarök-Festen oder modernen Asatru-Zeremonien, wo alte Bräuche bewusst neu interpretiert werden.
6 | Moderne Interpretation – Nordische Festkultur heute
Heute erlebt die nordische Ess- und Trinkkultur eine Renaissance.
Ob in Mittelalterlagern, Themenhochzeiten oder nordischen Festivals – die Sehnsucht nach Authentizität, Naturverbundenheit und Gemeinschaft ist stärker denn je.
Das Trinken aus Hörnern, das Servieren rustikaler Speisen und das Feiern im Kreis Gleichgesinnter sind zu Symbolen einer Rückbesinnung auf ursprüngliche Werte geworden.
Dabei geht es weniger um Nachstellung historischer Szenen, sondern um das Erleben einer Haltung:
Ehrlichkeit, Gemeinschaft und das Bewusstsein für das, was man teilt.
Fazit
Die Ess- und Trinkkultur der Wikinger ist ein faszinierender Spiegel ihrer Welt – roh, ehrlich, verbindend.
Ob Met aus Hörnern, Brot vom Feuer oder gemeinsames Gelage – jedes Element trug Bedeutung.
Und wer heute den Becher erhebt, tut dies – bewusst oder nicht – in derselben Tradition, die einst Odin selbst ehrte.
Quellen
-
National Museum of Denmark – Viking Food and Drink: https://en.natmus.dk/historical-knowledge/the-vikings/food-and-drink/
-
World History Encyclopedia – Feasting in the Viking Age: https://www.worldhistory.org/article/1621/feasting-in-the-viking-age/
-
Smithsonian Magazine – What Did the Vikings Eat?: https://www.smithsonianmag.com/history/what-did-the-vikings-eat-180974071/
-
Norse Tradesman – The History of Viking Drinking Horns: https://norsetradesman.com/blogs/news/the-history-of-viking-drinking-horns
-
The Asatru Community – Ritual Feasting and Symbolism in Norse Culture: https://www.theasatrucommunity.org/
-
Ancient Origins – The Mead of Poetry: Odin’s Sacred Drink: https://www.ancient-origins.net/myths-legends-europe/mead-poetry-0010703